3D Digitalisierung macht den Unterschied

Kulturerbe Digital I 3D Digitalisierung macht den Unterschied
Kulturerbe Digital I 3D Digitalisierung

Ralf Meyer, Leiter fröbus Kulturerbe Digital

30 Prozent der Deutschen nutzen bereits digitale Inhalte und Online-Angebote zu Kunst und Kulturgütern – das Interesse nimmt zu

Nicht nur der technische Fortschritt, auch die Pandemie wirkte als Beschleuniger für die Nutzung digitaler Angebote im Bereich Kunst und Kultur: Kulturinteressierte, die nicht ins Museum gehen konnten, suchten vermehrt nach digitalen Angeboten, um ihre Sehnsucht nach Muse und Kunst zu stillen. In direkter Folge zeigen schon im Jahr 2022 die Nutzungszahlen eine starke Entwicklung nach oben. Der technische Fortschritt und die zunehmende Verbreitung hochwertiger 3D-Digitalisate machen einen weiteren Unterschied bei dem Interesse an digitalen Inhalten und digitalisierten Kulturgütern.

Digitale Angebote zu Denkmälern und Kulturstätten wurden im Jahr 2022 von 35 Prozent der Deutschen genutzt, dicht gefolgt mit 30 Prozent Nutzern von digitalen musealen Inhalten – wie etwa virtuelle Touren und 3D-Darstellungen von Exponaten bis zu Dokumentation zu Kunst und Kultur als Streamingangebote. Dies ergab eine aktuelle Studie (Statista), die erst im Dezember 2022 veröffentlicht wurde. Für die Kultur- und Kreativwirtschaft bedeutete die Coronazeit, dass Veranstaltungen abgesagt, Einrichtungen im Bereich Kunst und Kultur geschlossen und geplante künstlerische Vorhaben verschoben oder gestrichen werden mussten. In dieser Zeit verlagerte sich das Kunstinteresse vieler Deutscher ins Internet.

Es gibt leider nicht viele Studien zum Thema Nutzung oder Publikumsinteresse an digitalen oder gar virtuellen Kulturangeboten und noch weniger im deutschsprachigen Raum. Auch wenn hier aktuell viele Fördergelder für Digitalisierungprojekte vergeben werden, mit der Forschung zum Nutzerverhalten der Angebote sieht es nach wie vor dünn aus. Fröbus Kulturerbe.digital gab daher im Jahr 2016 eine eigene Erhebung zum Thema in Auftrag. Damals ergab die Umfrage, dass sich bereits 57 Prozent der Deutschen mehr interaktive und digitale Angebote zu Museumsbeständen, Kunst oder historischen Artefakten wünschen und dass sich damit die Attraktivität für einige Zielgruppen erheblich steigern lassen würde. Wir fragen uns, wie die Zahlen heute aussehen würden.

2016 waren solche Angebote freilich kaum vorhanden. Das hat sich mittlerweile geändert. Ein regelrechter Digitalisierungsschub startete durch mehrere staatliche und europäische Initiativen für mehr Kulturschutz und vernetzte Forschung mit Förderungsprogrammen für Digitalisierungsprojekte von Museen, historischen Sammlungen oder Bibliotheken in ganz Europa. Das ist ein sehr wichtiger Faktor neben dem immensen technischen Fortschritt in den vergangenen Jahren auf dem Gebiet der Digitalisierungsverfahren und Verwertungsmöglichkeiten der Digitalisate aus dem Kulturbereich.

2016 waren virtuelle Ausspielungsformate auf mobilen Endgeräten als Idee vorhanden aber noch nicht wirklich praktikabel. Auch Augmented Reality steckte damals noch in den Kinderschuhen. Heute ist das alles auf einem bereits sehr guten Niveau möglich. Hinzu kommt, dass immer mehr Museen Handynutzung in den Ausstellungsräumen zulassen bzw. in einigen Museen oder Kulturinstitutionen als Möglichkeit sogar gewünscht sind, zusätzliche digitale Inhalte zu den Exponaten abzurufen. Digitale Inhalte und analoge Exponate rücken also zusammen. Auch so genannte Medienstationen in den Kulturinstitutionen selbst, sind immer verbreiteter und die Scheu der Besucher, diese auch zu nutzen lässt nach. Auch hier müssen Schwellen überwunden werden.

Museum 3.0: Neue Präsentationsformen und Wissensspeicher

Die hochauflösende 3D-Erfassung von analogen Beständen wie Gemälden, Skulpturen und Schriftstücken macht es möglich, die gespeicherten Daten für zahlreiche Wiedergabeformate und als Wissensspeicher zu verwenden. So wird jeder Museumsbesuch zu einem lehrreichen Abenteuer – teilweise mit hohem Unterhaltungsfaktor: Digitale Exponate lassen sich zum Sprechen bringen und können faszinierende Geschichten zu den Werken und Künstlern erzählen. Narrativ und auch didaktisch sind neue Ansätze denkbar, um die Neugier auf Kultur zu wecken und neue Zielgruppen zu erreichen.

Sie werden immer mehr genutzt: Virtuell gestützte Führungen durch Ausstellungen und Sammlungen, ebenso frei zugängliche Online-Datenbanken mit Exponaten und multimedialen Zusatzinformationen. 3D-Rekonstruktionen – bspw. durch Hologramme – von nicht mehr vollständig erhaltenen Gemälden oder Skulpturen und Museums-Rundgänge in 3D über das Internet.

Die Digitalisierung von Kulturschätzen ist heute auf einem Niveau möglich, das noch nie qualitativ so hochwertig und nachhaltig war. „Die hochauflösende Erfassung aller relevanten 3D-Daten und des technisch größtmöglichen Farbraums eines Kunstwerkes ebnet den Weg für zahlreiche Anwendungen – wie etwa originalgetreue Rekonstruktionen, hochwertige Replikate oder 3D-Drucke. Diese eröffnen den Museen faszinierende Möglichkeiten und lassen die Attraktivität der Kulturangebote enorm steigern. Die Möglichkeiten der Dreidimensionalität werden einen enormen Unterschied machen,“ erklärt Frank Bayerl, Geschäftsführer von fröbus sowie fröbus Kulturerbe Digital.

Ralf Meyer ist ein erfahrener Fotograf und leitet von Anfang an den Geschäftsbereich fröbus Kulturerbe Digital. Nach seiner Erfahrung muss, sobald Digitalisierungsprojekte von Museen oder Sammlungen über die Inventarisierung hinaus gehen und ein Interesse beim Publikum das Ziel ist, das Digitalisat für den Betrachter einen Mehrwert bieten. Dies gelingt heutzutage leichter durch eine leistungsstarke 3D-Digitalisierung. „Denken wir an ein Buch in einer Vitrine. Der Museumsbesucher sieht immer nur die jeweils aufgeschlagenen Seiten. Wird das Buch über eine Medienstation digital in 2D zur Verfügung gestellt, kann der Besucher sich durch die digitalisierten Seiten klicken. Ein sinnliches Erlebnis wird für den Betrachter aber erst ab einer 3D-Digitalisierung geschaffen. Dies gelingt nur mittels einer leistungsstarken und dreidimensionalen Visualisierung, bei der die Beschaffenheit der Seite, das Material, ob Papier oder Pergament, bis ins kleinste Detail erkennbar ist und bei der sich eine authentische und damit lebendige Lichtreflektion der sich bewegenden Buchseiten und Farben in Echtzeit generiert. So etwas ist heuzutage umsetzbar – und der Mehrwert für den kulturinteressierten Betrachter ist enorm.“

Der Vorteil liegt auf der Hand, denn viele Kulturgüter lassen sich zweidimensional nicht ganzheitlich erfassen. Etwa bei einer Münze gehen Informationen über das Relief oder die Ränder verloren. Gerade im Fall von Gemälden können 3D Digitalisate eine Fülle von Informationen zu der Materialbeschaffenheit des Werks zusätzlich festhalten. Immer mehr da, wo es sinnvoll und möglich ist, wird heute eine 3D-Digitalisierung angefragt. „Das aufgebrochene Leder, das Kraquelé im Porzellan, der berühmte Pinselstrich eines Künstlers, das sind Feinheiten, die von Authentizität zeugen und den Zuschauer faszinieren. Kleine Dinge, die man mit dem bloßen Auge auf dem Objekt in einer Vitrine nicht zu erkennen vermag, die aber stark vergößert in einem digitalen Format umso mehr ihre Wirkung entfalten. Gerade in Zeiten, in denen Kunst aus gutem Grund immer mehr hinter Glasscheiben verschwindet, offeriert der digitale Zwilling eine Intimität zum Werk, die sonst verloren geht“, fasst Ralf Meyer die Mission seines Teams für Kulturerbe digital zusammen.

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