Unsere Vision

Kulturerbe Digital I Frank Bayerl

Das Digitale Master ist wie der genetische Fingerabdruck des Originals

Ein Interview mit Frank Bayerl, Geschäftsführer der Julius Fröbus GmbH

Immer mehr Kulturgüter – auch Flachvorlagen – werden in 3D digitalisiert. Wie kommt das? Und warum ist das aus Ihrer Sicht so wichtig?

Frank Bayerl: fröbus Kulturerbe Digital bietet seit vielen Jahren die Digitalisierung von historischen Büchern, Dokumenten und Kunst- und Kulturgütern an. Die Digitalisierung von Kulturgütern ist heute auf einem Niveau möglich, das noch nie qualitativ so hochwertig und nachhaltig war. Es geht zunehmend nicht mehr nur darum, Objekte digital zu erfassen, sondern sie dabei so aufzunehmen, dass die Farb- und Formgebung möglichst originalgetreu festgehalten wird. Museen, Sammlungen sowie Bibliotheken und Archive, für die wir tätig sind, lassen aus diesem Grund immer mehr Objekte in 3D erfassen. Bei limitierten Budgets raten wir dazu, zumindest die wichtigsten Artefakte oder Objekte dreidimensional zu erfassen.

Was ist der Vorteil?

Frank Bayerl: Gerade bei Gemälden verändert sich die Stofflichkeit der Werke über die Zeit sehr stark. Wenn wir Kunst also für kommende Generationen wie im Original digital erhalten wollen, ist nicht nur eine präzise Oberflächenerfassung ein wesentlicher Punkt. Für Schloss Friedenstein in Gotha digitalisieren wir aktuell das gesamte Münzkabinett – eine der bedeutendsten europäischen Münzsammlungen überhaupt. Es würden so viele Inhalte verloren gehen, wenn wir dabei ausschließlich zweidimensional erfassen würden. Manche Münzen (siehe Bild) haben ein markantes Relief, das nur in 3D erfasst werden kann. Auch Aufnahmen der Münzränder können inkludiert werden.

Wie sieht es mit den Farbinformationen aus?

Frank Bayerl: Es geht nicht mehr nur um die Bewahrung der Geometrie der Objekte, es geht in der Bildgebung auch um eine möglichst farbnahe bzw. farbauthentische Erfassung und Ablage der Farb-Informationen in den Objektdaten. Die Entwicklung und Perfektion der heutigen Kamerasensoren in Auflösung und Farbwiedergabe zusammen mit einem durchgehenden Farbmanagement macht dies möglich. Wir nutzen je nach Bestand und Möglichkeiten das Strukturlichtverfahren und die Photogrammetrie. Beide Verfahren haben Ihre Vor- und Nachteile und deshalb betreiben wir viel Aufwand, um die beiden Verfahren weiterzuentwickeln.

Wie hat fröbus die Kompetenz für die Erfassung in 2D oder 3D entwickelt?

Frank Bayerl: Als eigentlich klassischer Medientechnik-Betrieb, gegründet vor genau 150 Jahren, mit jahrzehntelanger Digitalerfahrung haben wir mit der digitalen Bewahrung unseres kulturellen Erbes den perfekten Bereich gefunden, um uns weiterzuentwickeln. Das haben wir bereits vor jetzt schon 20 Jahren erkannt und daher bewusst in den Aufbau von Know-how investiert. Besonders bei der 3D-Erfassung können wir unsere Experten und Kompetenzen in den Bereichen Fotografie, Farbmanagement, Bildbearbeitung und Digital Asset Management sowie CGI (Computer Generated Imagery) ideal einbringen. Ich gebe hier ein Beispiel: In der Druckindustrie steht hochwertiges Farbmanagement für Qualität – in der Digitalisierung von Kulturgütern ist das Farbmanagement hingegen noch nicht durchgängig. Hier kommen wir ins Spiel: wir transferieren unsere Kompetenzen für gutes Farbmanagement in unseren Unternehmensbereich Kulturerbe Digital. Das betrifft auch Licht und Lichtreflexe.

Was sind Herausforderungen in Bezug auf Licht und Lichtreflexe?

Frank Bayerl: Hier nutzen wir die Erfahrungen, die unser fröbus CGI-Team, welches seit vielen Jahren für namhafte Automobilkunden möglichst realistische 3D-Modelle erstellt, im Umgang mit Lichtreflexen gesammelt hat. Dies ist bei der 3D-Digitalisierung von Kulturgütern essenziell. Nicht wenige historische Objekte bestehen aus Materialien, die Licht so stark reflektieren, dass wir die Oberflächenstruktur bzw. die Geometrie des Objektes kaum erfassen können. Man muss sich das so vorstellen: immer dort wo Licht reflektiert wird, kann auch das beste Kamerasystem keine Informationen erfassen. Das ist etwa bei weißem Porzellan oder Münzen aus glänzendem Metall der Fall. In diesen Fällen reduzieren wir Lichtreflektion während der Aufnahme so stark, dass wir ein Maximum an Informationen im Digitalen Master erfassen können. Das bedeutet aber auch, dass wir im Anschluss mit viel Know-how und Fingerspitzengefühl Licht und Lichtreflexe wieder hinzufügen müssen. Das ist aufwändig, aber die Qualität, die wir dabei erzielen, ist dafür auch überdurchschnittlich.

Welche Chancen eröffnen sich durch 3D Digitalisierung von Kulturgütern?

Frank Bayerl: Ein Künstler, nehmen wir mal als Beispiel van Gogh, ist ja nicht nur wegen des besonderen Stils, der Motivwahl und dem typischen Pinselstrich ein van Gogh – sondern auch wegen der spezifischen Wahl der Farben. Gerade alte Künstler hatten ihre besonderen Farbpräferenzen – teilweise lässt sich sogar rekonstruieren aus welchen Pigmenten sich bestimmte Farben zusammensetzen. Wir erstellen mit sorgfältigem Farbmanagement sogenannte Digitale Master. Damit eröffnet sich die Chance, Kunst und andere Kulturgüter so originalgetreu wie möglich als Datei zu konservieren. In einem Digitalen Master werden von uns Informationen zu den Farben so abgelegt, dass sie jederzeit wieder objektivierbar sind.

Welcher restauratorische Nutzen entsteht aus einer so hochwertigen Digitalisierung?

Frank Bayerl: Wir arbeiten eng mit Kuratoren, Kunst- und Kulturhistorikern aber auch Restauratoren in den jeweiligen Kulturinstitutionen und Sammlungen zusammen. Dabei hören wir immer wieder, dass hochwertige Digitalisate die Arbeit sehr vereinfachen und manche Erkenntnisse zu dem Originalzustand der Objekte ohne diese Unterstützung gar nicht möglich gewesen wären. Man muss sich klar machen, dass Details, die nur unter der Lupe zu erkennen sind, bei einem hochwertigen Digitalisat am Bildschirm enorm vergrößert werden können. Im Rahmen der Digitalisierung der beiden Coronelli-Globen, die in der Schatzkammer Weberbach in Trier ausgestellt sind, konnten vormalige Reparaturen an den Kupferstich-Segmenten oder dem hölzernen Untergrund festgestellt werden. So wiederum waren Rückschlüsse auf den Originalzustand noch besser möglich.

Was bedeutet das für die Möglichkeiten der digitalen Veröffentlichung?

Frank Bayerl: Unser Team von Kulturerbe Digital kann Objekte oder Kunstwerke so hochauflösend aufnehmen, sodass die gespeicherten Daten auch für zukünftige Wiedergabeformate verwendet werden können. Stellen Sie sich vor: Wir gewinnen eine ganze Badewanne voll mit 3D- und Farbdaten von dem Original. Für die gängigsten Verwendungsformen wie Drucke, Darstellung am Computer, Kataloge etc. brauchen wir nur einen Becher voll mit diesen Daten. Denken wir an VR-Anwendungen, 3D-Druck, Augmented Reality etc. brauchen wir deutlich mehr Daten. Die Erfassung als Digitales Master ist also immer eine Investition in die Zukunft. Dank einer immer besseren Technik wird das Digitale Master zum genetischen Fingerabdruck des Originals.

Brauchen wir wirklich so hochwertige Digitale Master-Dateien?

Frank Bayerl: Bei unseren Beratungsgesprächen bemerken wir so machen Vorbehalt und auch so manche Chance wird nicht in Erwägung gezogen – gerade in Bezug auf die Kosten der Digitalisierung. Man muss Digitale Master und deren Unterstützung auch als mögliche Einnahmequelle sehen. Mit leistungsfähigen Digitalisaten kann Kultur barrierefrei angeboten werden, museumspädagogisch sind ganz neue Ansätze denkbar und neue Zielgruppen erreichbar. Menschen können Replikate der Kunst in vielfältiger Form erwerben und mit nach Hause nehmen. Das Narrativ und die Wertschöpfung werden sich verändern.

Was bedeutet das für das Kuratieren von Ausstellungen?

Frank Bayerl: Die Geschichte kann besser erzählt werden: Wie hat der Künstler gelebt? Wie ist das Werk entstanden? Wer hat ihn beeinflusst? Auf welche Art und Weise hat der Künstler auf historische Ereignisse mit seinem Schaffen reagiert? Wenn man sich allein die Möglichkeiten der Vernetzung durch eine zunehmende Digitalisierung vorstellt, dann wird einem schnell klar, wie viele neue Narrative plötzlich zu einem Kunstwerk, einem Künstler oder eine Epoche entstehen können. Forscher und Kuratoren können dann einzelne Werke über das Internet oder Datenbanken mit anderen Werken vergleichen oder in einen Zusammenhang stellen. Das eröffnet vielseitig neue Möglichkeiten.

Gibt es da nicht auch kritische Stimmen?

Frank Bayerl: Das Digitale Master ist für einige immer noch der Tod des Unikats. Ich glaube das nicht. Wenn man sieht, wie die Menschen anstehen, um sich die Mona Lisa oder die englischen Kronjuwelen anzuschauen, muss man sich doch keine Sorgen machen. Das Original wird seine eigene Faszination behalten – vielleicht sogar steigern. Digitale Replikate und Zusatzinformationen werden den Zugang zur Kunst und Kultur für viele erleichtern und das allgemeine Interesse eher befördern als vermindern. Und vor allem: Sie sichern unser Kulturerbe für nachfolgende Generationen. Kunst- und Kulturgegenstände oder Architektur sind nicht nur durch Krieg und Naturgewalten von Zerstörung bedroht, sondern vor allem durch den natürlichen Verfall – durch Licht und klimatische Verhältnisse. Wir wollen sowohl durch unsere Beteiligung an Digitalisierungsprojekten als auch durch unsere fortwährende technische Entwicklungsarbeit einen wichtigen Beitrag leisten.

 

Fröbus Kulturerbe Digital ist der Spezialist im deutschsprachigen Raum für eine hochwertige 2D oder 3D Digitalisierung von historischen Objekten und Kunstgegenständen. Informationen zu unseren bisherigen Projekten finden Sie hier 

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