Interaktives Museum: Der Einsatz neuer Medien verändert das Museumserlebnis

Kulturerbe Digital I Interaktives Museum
Kulturerbe Digital I Interaktives Museum

Die Digitalisierung transformiert die Museumsbranche sowie den Museumsbesuch an sich. Viele Museen sind heute bereits interaktive Lern-Räume, die Kunst, Geschichte und Kultur auf nie dagewesene Weise zum Leben erwecken und möglichst breit vermitteln. Die Anwendung von neuen Medien wird dabei zu einem zentralen Instrument, um Kultur in ihrer ganzen Bandbreite und Tiefe zu zeigen und gleichzeitig immer mehr Kulturinteressierten ein unvergessliches Erlebnis zu bieten. Lesen Sie in unserem Blog über die digitale Anwendungen im Museum oder in Ausstellungen.

Aktuelle Trends in der Kunst- und Kulturbranche

Die Anzahl der Personen im deutschsprachigen Raum, die regelmäßig Museen, Galerien oder Kunstausstellungen besuchen liegt 2023 bei den 20 bis 30 Jährigen bei über 30 Prozent, bei den 30 bis 40 Jährigen sind es über 37 Prozent.*

Kunst- und Kulturinteressierten werden zudem vermehrt Möglichkeiten zur aktiven Teilnahme und Interaktion mit digitalen Inhalten geboten. Auch im öffentlichen Kultursektor wachsen digitale und nicht-digitale Bereiche zunehmend zusammen. Dies nicht ohne Grund, denn die Nachfrage nach digitalen Inhalten ist bei Kunst- und Kulturinteressierten in den letzten Jahren gewachsen. Seit Beginn der Corona-Pandemie im Jahr 2020 hatten kulturelle Einrichtungen einen starken Besucherrückgang zu verzeichnen. Zeitgleich haben sie daher begonnen, ihre digitale Strategie auszubauen: Mehr als 60 Prozent der Museen weltweit haben seither ihr Onlineangebot erweitert und mehr als 70 Prozent nutzen Social Media mehr denn je, um mit einem breiteren Publikum zu interagieren und dieses auf dem Laufenden zu halten und für einen Museumsbesuch zu interessieren.

Zusätzlich ist das Angebot an virtuellen Rundgängen mittels VR/AR, sowie Onlineausstellungen, deutlich gestiegen.** Nie zuvor in der Geschichte war Kultur so leicht zugänglich, so barrierefrei erlebbar und so demokratisch wie heute.

Welche interaktiven Anwendungen sind in Museen und Ausstellungen möglich?

Wir von fröbus kulturerbe.digital digitalisieren nicht nur einzelne Objekte oder ganze Sammlungen in 2D oder 3D, wir beraten und begleiten unsere Auftraggeber aus dem Kultursektor auch bei ihrer Digitalisierungsstrategie. Dabei schlagen wir auf die jeweilige Sammlung und die Kulturinstitution abgestimmte Formate für die Veröffentlichung der Digitalisate und Anwendungen in der Ausstellung vor. Je nach Art der Sammlung und der Objekte lassen sich für den Besucher vor Ort oder den Kulturinteressierten User in Netz unterschiedliche Mehrwerte generieren.

Wir können daher durch eigene Erfahrung bestätigen, dass sich – seit der Corona Pandemie – der Kulturbereich in einem verstärkten Maße der Digitalisierung zuwendet: Digitalisierte Objekte dienen längst nicht mehr nur der Archivierung und Inventarisierung, immer mehr Museen, Archive oder Bibliotheken setzen auf technologische Neuerungen und bauen ihre digitalen Angebote aus. Einige der gängisten Anwendungen wollen wir hier kurz vorstellen:

  • Museums-Apps: Praktischer als ein gewöhnlicher Audioguide ist nur die Museums-App, die direkt auf das Smartphone geladen werden kann. Audioguides, die nach Verlassen des Museums abgegeben werden müssen, sind oftmals bereits passé. Mit Mediaguides oder Museums-Apps können Kulturinteressierte einen Ausstellungsbesuch vorbereiten, indem sie – ja nach Interessenschwerpunkt – unterschiedliche Führungen auswählen oder sogar individuell gestalten können. Auch Museumspädagogiche Angebote können immer häufiger über die App dazugebucht werden. Während des Rundgangs können Inhalte abgerufen und besonders interessante Exponate abgespeichert werden. Auch im Nachhinein bieten Apps teilweise besondere Funktionen, um das Gesehene noch einmal Revue passieren zu lassen. So kann etwa neu erworbenes Wissen in einem Quiz auf die Probe gestellt werden. Überhaupt können gerade für Jugendliche und Kinder besondere Inhalte spielerisch angeboten werden. Je mehr Mediaguide bzw. Museums-App individuell auf die Sammlung zugeschnitten konzipiert wird, umso größer ist der Benefit für die Nutzer.
  • Eine Ausstellung kann mittels Virtual Reality (VR) oder Augmented Reality (AR) erkundet werden. AR integriert digitale Inhalte in unsere reale Umgebung. Besucher können beispielsweise ihre Smartphones oder Tablets verwenden, um erweiterte Informationen oder virtuelle 3D-Modelle von Objekten über spezielle Viewer anzuzeigen, die mit der Umgebung interagieren. VR ermöglicht es Besuchern, in immersive virtuelle Welten einzutauchen und sich darin fortzubewegen. VR-Brillen befähigen Besucher dazu, Ausstellungsräume zu erkunden oder historische Ereignisse mitzuerleben.
  • Medienstationen ermöglichen Kindern und Jugendlichen einen geradezu spielerischen Umgang mit Kultur. So kann beispielsweise ein in 3D digitalisierter Globus, wie der von fröbus digitalisierte „Schöner Globus“ als Digitalisat gedreht und von allen Seiten betrachtet werden. Buchseiten eines digitalisierten Buches können virtuell umgeschlagen und angeschaut werden – dazu sind dann jeweils weitere Inhalte abrufbar. Medienstationen versorgen den Nutzer nicht nur mit relevanten Informationen zum jeweiligen Exponat, sie bieten auch ein Erlebnis, welches ein Exponat in einer Vitrine so nicht bieten kann.
  • Touchscreens und interaktive Displays: Hierüber können Besucher Informationen über die ausgestellten Objekte abrufen, Videos ansehen, Spiele spielen oder virtuelle Touren machen. Die Inhalte werden durch Berührung des Screens gesteuert. Diese Art der Anwendungen sind sehr  verbreitet.
  • Interaktive Installationen: Museen können interaktive Installationen schaffen, die den Besuchern eine aktive Teilnahme ermöglichen. Dies können beispielsweise interaktive Kunstwerke sein, bei denen die Besucher die Oberfläche berühren oder mit ihnen interagieren können, um Klänge, Lichteffekte oder Bewegungen auszulösen. Diese interaktiven Anwendungen ermöglichen es Museen und Ausstellungen, die Besucher aktiv einzubeziehen, ein tieferes Verständnis zu vermitteln und ein unterhaltsames und bereicherndes Erlebnis zu schaffen. Sie fördern die Interaktion, das Lernen und die persönliche Verbindung zu den ausgestellten Inhalten.
  • Digitale Tische: Ähnlich wie interaktive Touchscreens, aber oft größer und für mehrere Benutzer gleichzeitig konzipiert. Sie können Karten, Fotos oder andere wechselseitige Elemente enthalten. Gerade in den Ruhezonen eines Museums oder einer Kulturinstitution werden solche Angebote gerne genutzt. Sie bieten auch die Möglichkeit sich als Gruppe oder Familie gemeinsam über den Touchscreen ein Thema zu vertiefen.
  • Digitale Wandprojektionen: Diese reagieren auf die Bewegungen oder Gesten der Besucher. Dabei sollte der durchschnittliche Durchlauf an Besuchern berücksichtigt werden. Oftmals macht eine Anwendung, die gleichzeitig von mehreren Personen genutzt werden kann, mehr Sinn. Wir gehen davon aus, dass künftig auch virtuelle und damit interaktive figürliche Darstellungen in dieser Hinsicht häufiger zur Anwendung kommen werden. Etwa als Host bei einem Ausstellungsrundgang.
  • Gestengesteuerte Interfaces: Systeme, die Bewegungen oder Gesten erkennen, um Multimedia-Inhalte zu steuern, ohne dass eine physische Berührung erforderlich ist. Man stelle sich ein Museum für Musikinstrumente vor, das mit solchen Anwendungen auch für gänzlich ungeübte Musiker ein interaktives Erlebnis bereitstellt.
  • Holographische Displays: Diese können dreidimensionale Bilder ohne spezielle Brillen erzeugen, was ein durchaus beeindruckendes visuelles Erlebnis bieten kann. Auf diese Weise können auch fehlende dreidimensionale Exponate dargestellt werden: etwa weil eine Leihgabe nicht möglich war oder das Exponat gerade in der restauratorischen Überarbeitung ist.
  • RFID- und NFC-Technologien: Besucher könnten beispielsweise RFID-Karten erhalten, um personalisierte Informationen oder Routen zu speichern oder um interaktive Exponate auszulösen. Ähnlich wie beim allgemein bekannten QR-Code werden Inhalte bei NFC-Codes oder RFID-Karten direkt abgerufen und z.B. über das Smartphone abgespielt. Diese Art von Anwendungen sind mittlerweile durchaus verbreitet.
  • Beacon-Technologie: Mit Bluetooth Low Energy Beacons können Museen personalisierte Informationen direkt auf die Smartphones der Besucher senden, je nachdem, wo sie sich innerhalb der Ausstellungsflächen befinden. Dazu muss der Nutzer beim Rundgang an seinem Smartphone nur Bluetooth für die jeweilige App einschalten und los geht es. Diese Art der Begleitung während eines Rundgangs ist besonders barrierefrei.
  • Medienstationen, die ein multisensorisches Erlebnis ermöglichen: z.B. durch bestimmte Gerüche oder Töne oder Musik. Dies kann besonders wirkungsvoll in historischen Museen oder bei Kunstinstallationen sein, bei denen der Geruch oder ein bestimmter Sound die Atmosphäre eines bestimmten Zeitraums oder Konzepts nachbildet. Denken wir etwa an ein Schiffahrtsmuseum oder eine Ausstellungshalle mit historischen Eisenbahnen. Oder wenn ein bestimmter Ort in einer Ausstellung (zum Beispiel ein Druckwerkstatt) dargestellt werden soll, kann damit ein sehr authentisches Erlebnisse kreiert werden.
  • Gamification-Elemente: Einbindung von Spielelementen in eine interaktive Ausstellung, um das Engagement und den Lernprozess zu fördern. Dabei sind sehr viele unterschiedliche Formate vorstellbar: von der klassischen Schnitzeljagd, bei dem bestimmte Hinweise gefunden werden müssen, um ein Rätsel zu lösen, bis zu aufregenden Partizipations-Games. Etwa im Diamantenmuseum in Amsterdam können Besucher in einem speziellen Raum einen ganz besonderen (wenn auch nicht echten) Diamanten stehlen. Dabei müssen sie über diverse Laserlinien, die keinesfalls berührt werden dürfen, hinwegsteigen. Akrobatische Talente sind durchaus nützlich.
  • Photobooth oder Fotobox: in den meisten Ausstellungsformaten ist die individuelle Nutzung von Handys mittlerweile erlaubt. Damit gehören Fotos und Selfies, die bei Museumsbesuch direkt in der Sammlung mit Exponaten gemacht werden, sowieso längst dazu. Wer hier als Ausstellungsmacher eigene Akzente setzen möchte, kann daher besondere Angebote direkt in die Ausstellung integrieren. Solche Angebote sind oftmals analog, können aber digital unterstützt werden: ein Porträtbild in der Art von Vermeers „Mädchen mit dem Perlenohrring etwa“ oder ein Foto von dem Besucher selbst in eine historische Umgebung einmontiert. Der Phantasie sind hier keine Grenzen gesetzt. Es gibt Museen, die dies als eine zusätzliche Erlösquelle und als ein sehr effektives Marketinginstrument erkannt haben und bereits nutzen. Gerade im Hinblick auf eine große Reichweite auf Social Media kann hier ein relevanter Nutzen erreicht werden.

Kunstbranche im Wandel: immer mehr Museen ziehen mit

Die Integration von Multimedia-Inhalten wie Videos, Audioaufnahmen, Animationen oder virtuellen Touren wird vom Publikum im Allgemeinen als Bereicherung des Erlebnisses angesehen. Kunst- und Kulturinteressierte schätzen die Möglichkeit, Kunstwerke in verschiedenen Formaten zu erleben und neue Perspektiven zu entdecken. Sie liefern nicht nur relevante zusätzliche Informationen und Kontext, sondern ermöglichen in vielen Fällen auch eine Personalisierung und Anpassung der Inhalte.

Große Chance für die Museumspädagogik

Wie oben beschrieben haben interaktive Stationen das Potenzial, die Museumspädagogik auf verschiedene Weise zu verändern und zu bereichern. Durch aktive Teilnahme und Engagement werden Besucher dazu angehalten, nicht länger passive Betrachter zu sein, sondern ein Teil der Ausstellung selbst zu werden. Oftmals sind solche „Hands-on“-Lernerlebnisse auch geeignet, um bestimme Zielgruppen überhaupt erst in die Ausstellung zu ziehen. Das lässt sich etwa in Bezug auf Schulklassen oder Jugendliche bei der Diamantenraub-Anwendung im Diamantenmuseum Amsterdam vermuten. (https://www.diamondmuseum.com/the-diamond-heist/)

Im Sinne der Inklusion und Barrierefreiheit können wechselwirkende Ausstellungsmodule dabei helfen, die Barrieren für Menschen mit unterschiedlichen Fähigkeiten oder Bedürfnissen zu überwinden und Kunst und Kultur zunehmend für die gesamte Gesellschaft zugänglich zu machen.

Neue Zielgruppen werden erschlossen

Interaktive Ausstellungsmodule haben das Potenzial, neue Zielgruppen anzusprechen und den Kreis interessierter Besucher zu erweitern. Besonders jüngere Generationen, die mit dem Smartphone aufgewachsen sind, können sich von interaktiven Technologien und multimedialen Inhalten besonders „abgeholt“ fühlen. Moderne Ausstellungsmodule bieten eine unterhaltsame und lehrreiche Erfahrung für Familien mit Kindern und größeren Besuchergruppen. Taktile Objekte können für Personen mit eingeschränktem Sehvermögen bzw. blinde Menschen großem Interesse sein. Durch gemeinsames Entdecken, Spielen und Lernen werden Familien dazu ermutigt, Museen als familienfreundliche Aktivität zu entdecken. Auch wenn ein kulturelles Angebot bekannter gemacht werden soll, bieten interaktive und digitale Angebot oftmals ein Schwungbrett für überregionales Marketing. Interaktive Module oder interaktives Museum können dabei helfen, dass Kultur Menschen noch mehr verbindet.

 

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*Quelle: Statista, Anzahl der Personen in Deutschland, die Museen, Galerien oder Kunstausstellungen besuchen, nach Häufigkeit von 2019 bis 2023

** Quelle: NEMO, Survey on the impact of the COVID-19 situation on museums in Europe